Am Ende des 15. Jahrhunderts bahnt sich in Texten des deutschen
Humanismus durch die Reform des antiken und mittelalterlichen
Bildungskanons eine Wende an, die man durchaus als kopernikanisch
bezeichnen darf: Die antiken Septem artes werden nicht beiseite
gelegt, weil sie obsolet geworden seien, sondern sie sind aufgehoben
in einem neuen Kosmos von zwölf Fächern, deren höchsten Rang die
Historiographie, verstanden als Panegyrik, einnimmt. Das Alte wird
nicht abgetan, sondern zusammen mit dem Neuen in einen größeren
Zusammenhang eingefügt. Diese für die Neuzeit so grundlegende
Erweiterung der Bildungsinhalte wird an Texten des Rudolf Agricola
und v.a. des Conradus Celtis dargestellt. Sie erweisen sich in ihrer
Öffnung zur Historie und zu den Naturwissenschaften als
Schlüsseltexte für das Selbstverständnis des humanistischen wie auch
des modernen Menschenbildes.
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