Das Sokratische Nichtwissen, so unterschiedlich es auch
interpretiert worden sein mag, ist immer wieder als generelle Problematisierung
menschlichen Wissens verstanden worden. Dabei kennt Sokrates
durchaus zwei große Bereiche, in denen gesichertes Wissen zu finden ist: auf
der einen Seite den vielschichtigen Bereich des Fachwissens, auf der
anderen den des ethischen Wissens, was der Mensch um jeden Preis zu
tun oder zu lassen habe. Das Nichtwissen hat deshalb einen ganz
bestimmten Inhalt: die unterschiedlichen Lebensziele des Einzelnen
und die Lebensinhalte, von denen er sich sicheres Glück verspricht
(Besitz, Macht, Schönheit, Erfolg usw.). Das Sokratische Nichtwissen
warnt: Wer sich blindlings an solchen Inhalten orientiert, läuft
Gefahr, früher oder später mit seinem Lebensentwurf zu scheitern.
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