Gymnasium 108 (2001)
Arbogast Schmitt: Antike Bildung und moderne Wissenschaft

Der Aufsatz befaßt sich mit den erkenntnistheoretischen Grundlagen und historischen Wurzeln der kategorischen Abgrenzung von Geistes- und Naturwissenschaften in der Neuzeit. In einem ersten Teil wird die Entwicklung der heutigen Geisteswissenschaften aus dem mittelalterlichen Konzept der artes liberales über die Rhetorisierung der Wissenschaft überhaupt und den Aufstieg der Triviumswissenschaften im Humanismus, über die Geschmacks- und common sense-Diskussion des 17. und 18. Jh. bis hin zur Ästhetisierung und Historisierung der schönen Künste und Wissenschaften im 18. und 19. Jh. vor allem bei Dilthey skizziert. Grundlage dieser Entwicklung ist das bewußtseinsphilosophische Erkenntniskonzept von der strikten Dichotomie in rezeptive Anschauung und spontanen Verstand und die Festlegung der Geisteswissenschaften auf die Seite des Unmittelbaren und vorreflexiven Erlebnisses. Die Aporien dieser Konzeption geben Anlaß 1. zu einer kritischen Revision der Prämissen dieses Modells, das sich im späten Mittelalter in Abgrenzung gegen den antiken und scholastischen Aristotelismus durchzusetzen beginnt, und 2. zu einer Betrachtung des von Platon und Aristoteles begründeten alternativen Konzepts, das Denken als Unterscheiden und Wissenschaft als Reflexion auf die begrifflichen Kriterien jedes Erkennens bestimmt.
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