Zosimos (3,7) erzählt die phantastische Geschichte eines germanischen
Kriegers im Heer Julians, um aus heidnischer Perspektive im Anschluß
an Eunapios (fr. 18,3-5 Blockley) zu demonstrieren, daß nach dem
Versagen christlicher Kaiser erst Julian in der Lage gewesen sei, die
Außengrenzen des Imperium Romanum gegen germanische Raubscharen
wirkungsvoll abzuschirmen. Die Charietto-Gechichte wurde offenbar von
Anhängern der alten Kulte in ihrer Auseinandersetzung mit dem
Christentum als Paradigma einer erfolgreichen Einbindung barbarischer
Invasoren in die Ordnung des Römerreiches propagandistisch
instrumentalisiert. Es wird das Bild eines Räubers gezeichnet, der in
der Übergangszone zwischen dem Barbaricum und der römischen
Lebensweise gleichsam in die Zivilisation hineinwächst, sich
assimiliert und schließlich durch die ihm aus seinem Herkunftsgebiet
vertraute Formierung einer verläßlichen Gefolgschaft zum Beschützer
seiner neuen Heimat wird. Die Erzählung enthält älteres Traditions-
und Bildungsgut, das z. B. auch in den Berichten über den Räuber
Bulla Felix in der Severerzeit und über Maternus während der
Regierung des Commodus zur Kritik an Defiziten römischer
Herrschaftssicherung verwendet wird. Darüber hinaus bietet die
Geschichte Aufschlüsse über Rituale und Vorstellungswelt germanischer
Kriegergemeinschaften. |